L'amica geniale (1–4)

Saverio Costanzo, Daniele Luchetti , Laura Bispuri, Italien, USA, 2018-2024, 4 Staffelno

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In der vierten Staffel der neapolitanischen Freundschafts- und Quartiersaga werden die Freundinnen Elena und Lila (in neuen Besetzungen) kurz vor vierzig nochmals Mütter. Elena ringt ihrer verhärmten Mutter Respekt ab, kommt in ihrer Liebe zum Frauenhelden Nino aber an Grenzen. Lila arbeitet sich mit zunehmender Bitterkeit am Umstand ab, dass man ihr – und sie sich selbst – ein anderes Leben verweigert hat.

Die lang erwartete letzte Staffel der neapolitanischen Freundschafts-Geschichte und Quartier-Saga nach den Romanen von Elena Ferrante beginnt mit einem kleinen Schock. Die Schriftstellerin Elena und ihre «geniale Freundin» Lila, deren Lebensweg wir in den ersten drei Staffeln von der Kindheit in einem ärmlichen Neubauquartier der Nachkriegszeit bis in das Italien der siebziger Jahre verfolgt haben, gehen nun auf die vierzig zu. Es war deshalb unvermeidlich, die beiden Protagonistinnen und fast ihr ganzes Umfeld neu zu besetzen. Man braucht zu Beginn des zehnteiligen Finales ewas Zeit, um diesen mit Abschiedsschmerz verbundenen Wechsel zu verdauen. Einmal umgepolt auf die abermals grossartige Verkörperung der beiden Protagonistinnen durch Alba Rohrwacher als Elena und Irene Maiorino als Lila, entfalten sich deren grosse kleinen Lebensdramen aber nochmals mit ähnlicher Intensität wie zuvor. Die gegen sich und die Welt wütende Lila, der die Bildung und damit ein Weg aus der patriarchalischen Tyrannei und den mafiösen Verstrickungen des Rione verwehrt wurde, gesteht ihrer Freundin nach einer denkwürdigen nächtlichen Erdeben-Sequenz ihre grössten Ängste. Elena erlebt ihrerseits ebenso visionäre Momente der Eifersucht, der Verzweiflung und der (Selbst-)Erkenntnis in ihrer Leidensgeschichte mit dem Intellektuellen und notorischen Frauenhelden Nino. Fesselnd und berührend auch, wie beide parallel nochmals Mütter werden, ihre Kinder in einer wechselhaften Not- und Herzensgemeinschaft grossziehen und dabei Mädchenjahre mit Mutteraugen sehen. Die engere Führung des Blicks hat den Preis, dass das Gesellschaftsfresko in den Hintergrund rückt und die zahlreichen Nebenfiguren mit Ausnahme von Nino und Elenas Mutter nicht mehr die gleiche Kraft entfalten. Doch wie sich das Panorama zum Ende hin rundet (und selbst die Geschichte der verlorenen Puppen ihren Abschluss findet), ist dramaturgisch und inszenatorisch so meisterhaft, dass wohl kein Auge ganz trocken bleiben wird. Genug nun, hinsitzen, eintauchen.

Andreas Furler

Kann eine historisch versierte, literarisch anspruchsvolle Vorlage überhaupt übersetzt werden ins Serielle? Und können die beiden Hauptfiguren Lila und Lenù im TV auch nur ansatzweise so tiefgründig und dicht gelingen, wie es Ferrante über vier Bücher schafft? Um es vorwegzunehmen: Ja, die Serie kann mithalten! Im Gegensatz zum Roman sprechen alle Figuren dickstes Neapolitanisch. Das tut der Serie gut, macht sie rotziger, macht sie historisch korrekt. Am besten aber tun der Serie ihre beiden jungen Hauptdarstellerinnen, Elisa del Genio als Lenù und Ludovica Nasti als Lila, zwei Augenweiden, zwei Glücksgriffe, beide gecastet aus 9000 Kindern. Vor allem die sagenhafte Nasti hat dieses Trotzige, Unbezähmbare einer sehr jungen Sophia Loren. Wenn sie etwa von einem Mord an Don Achille erzählt, mit funkelnden Augen und Reibeisenstimme, "und - zack - rammt ihm einer ein Messer in den Hals", dann hängt nicht nur Lenù an ihren Lippen, dann ist das grosses Kino und lässt viel verstehen von Brutalität, Gewalt und Machismo im armen Süden der Fünfzigerjahre. Lenù und Lila sind die Heldinnen dieser emanzipatorischen Heldenreise, keine Opfer, und so ist es nur folgerichtig, dass sich die Kamera in langen Fahrten an ihre Händchen haltenden Körper heftet, in langsamen Einstellungen an ihren Gesichtern klebt. Aber keine Bange, man kann sich nicht sattsehen an ihnen.

Fiona Ehlers

Über allem liegt eine Schwere, die die Bücher nur andeuten, wie sie dem Nachkriegsalltag aber wohl nahe kommt. Alle fluchen, alle schlagen, es mangelt an Zuneigung, an Geld sowieso. Wer blutet, hat selbst Schuld. Weil sie nicht gehorcht, wirft Lilas Vater sie aus dem Fenster und ruft ihr hinterher: "Du bist immer noch nicht tot." Jungs galt es, zum Arbeiten, Mädchen zum Schweigen zu bringen. Oder zum Heiraten. Lange muss Elena betteln, um auf die Mittelschule gehen zu dürfen. Einen Beruf zu haben ist für Mädchen nicht vorgesehen. Welch unglaubliche Anstrengung es Frauen gekostet hat, sich aus den Zwängen jener Viertel zu befreien, ja überhaupt auf die Idee zu kommen, das zu können, fängt die Serie glaubhaft ein. Elena und Lila konkurrieren um die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben und müssen ihre Kräfte doch bündeln, um das zu erreichen. Ihnen dabei zuzuschauen ist genauso spannend wie darüber zu lesen.

Christiane Lutz

(Article published on the occasion of the third season:)

My Brilliant Friend (L'amica geniale) is the most beautiful drama on television, and, considering how consistently excellent it has been, it remains sorely underrated. It effortlessly balances impossible questions about love, family, shame and duty, and it does so with impeccable style. The third season is set in the early 70s and it really is a good-looking drama, cinematic in its ambitions, again taking its visual cues from a particular period of film history (this season’s director, Daniele Luchetti, has said he was inspired by John Cassavetes and 70s US cinema). This is television at its best and it weaves a spell unlike anything I have seen in a very long time. It demands concentration but rewards it generously. For those who have yet to experience the pleasure of My Brilliant Friend, I would suggest not jumping in here, as both personal and political histories weigh heavily on the characters and their relationships. Go back to the beginning, and take it all in.

Rebecca Nicholson

Empfehlungeno

Filmdateno

Synchrontitel
Meine geniale Freundin DE
L'amie prodigieuse FR
My Brilliant Friend EN
Genre
Drama
Originalsprache
Italienisch
Bewertungen
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ØIhre Bewertung8.7/10
IMDB-User:
8.6 (21471)
Cinefile-User:
8.9 (14)
KritikerInnen:
< 3 Stimmen q

Cast & Crewo

Alba RohrwacherElena (Staffel 4)
Irene MaiorinoLila (Staffel 4)
Fabrizio GifuniNino (Staffel 4)
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